An den Elite Schweizermeisterschaften von 2006 in Schaffhausen kam YSZ’s damalige Nummer eins Beat Staufer dem Einzeltitel so nah wie noch nie. Nur ein einziger Punkt hatte dem Linkshänder bereits im fünften Satz zum erstmaligen Titelgewinn gefehlt! Doch sein Gegner, der Rekordsieger Thierry Miller (Bulle) wehrte diesen Matchball ab und drehte mit seiner ganzen Routine den 1:3-Satzrückstand schliesslich in einen 4:3-Erfolg! Kaum einer hätte es damals ahnen können, doch auf die nächste Medaille im Herren Einzel musste der Zürcher Traditionsverein unglaubliche 19 Jahre warten! Und nicht zum ersten Mal sollte es der 2006 noch nicht auf der Welt gewesene Noe Keusch sein, welcher eine lange YSZ-Durstrecke beenden sollte.

Souveräner Samstag
“In beiden Kategorien den zweiten Turniertag erreichen”, so lautete vor Turnierbeginn das Ziel des Teenagers. Optimal war seine Auslosung aber gerade im Herren Einzel keineswegs. Nach dem klaren Startsieg gegen Pino Keller (Wetzikon) wartete mit ex-YSZ’ler Thilo Vorherr (Basel) der erste Prüfstein. Doch auch sein ehemaliger Mannschaftskollege, mit dem er zwei Jahre zuvor den Aufstieg in die STTL gefeiert hatte, war an diesem Tag absolut chancenlos gegen den jungen Stadtzürcher. Wie schon vor zwei Jahren, wo er an seiner allersten SM unter den besten acht im Einzel stand, traf Keusch nun Sam Boccard (Meyrin), dem er in den letzten drei Aufeinandertreffen unterlegen war. Gestärkt von der Erinnerung an das Achtelfinal von 2023, passte sich Keusch diesmal viel besser an das Spiel des Genfers an und feierte einen sehenswerten 4:1-Erfolg.

Eine historische Sensation
Im Viertelfinal am Sonntag Nachmittag wartete dann Cédric Tschanz (Rio-Star Muttenz), der sich am Vorabend in einem unglaublichen Siebensätzer gegen Keusch’s Mannschaftskameraden Filip Karin durchgesetzt hatte. Der Hölsteiner startete die Partie aufgrund der bisherigen Aufeinandertreffen (Keusch konnte insgesamt nur zwei Sätze gewinnen) in der Favoritenrolle. Doch auch wenn Schweizermeisterschaften ihre eigenen Gesetze haben, hätte niemand ahnen können, was sich in den folgenden 24 Minuten abspielen würde. Fest entschlossen seinen Captain zu revanchieren dominierte Keusch das Geschehen vom ersten Ballwechsel weg und gestand dem letztjährigen Bronzegewinner, der in diesem Jahrzehnt an Schweizermeisterschaften nur von der aktuellen Nummer eins Elias Hardmeier bezwungen werden konnte, gerade mal 13 Punkte zu! Nicht wenigen YSZ-Fans fiel nach dem dominanten 4:0 der Mund offen stehen. Der entscheidende Faktor?
“Aufschlag und Rückschlag”, so Keusch, “Ich hatte früher immer viele Probleme mit seinem Service, diesmal bin ich aber mit einem konkreten Plan ins Spiel gegangen. Und mit meinem neuen Aufschlag hatte er besonders viele Probleme, da er sie immer mit der Vorhand retournieren wollte.”

Im Halbfinal wartete dann der zuvor erwähnte Elias Hardmeier (ebenfalls Rio-Star Muttenz). Im Generationenduell zweier Zürcher Ausnahmekönner startete Keusch super, trauerte am Ende bei der viel zu hoch ausgefallenen 1:4-Niederlage aber verpassten Chancen nach. So hatte der Teenager etwa im wegweisenden dritten Satz mit 6-1 geführt, ehe Hardmeier mit 11-9 erstmals die Führung nach Sätzen übernahm. Und im letzten Durchgang erkämpfte sich Keusch beim Stand von 10-8 zwei Satzbälle, liess aber beide ungenutzt.
“Ich bin heute viel besser mit seinem Service zurecht gekommen als sonst”, äusserte sich Hardmeier zum Halbfinalerfolg, “Der Sieg war aber trotzdem ein hartes Stück Arbeit, Noe hat wirklich gut gespielt.”
Nach der kurzen Enttäuschung über die Niederlage konnte sich Keusch dann bei der Siegerehrung getrost die wohl verdiente Bronzemedaille umhängen lassen mit dem Wissen, dass er an seiner erst dritten SM-Teilnahme nicht nur eine historische Medaille gewann, sondern auch dem späteren Schweizermeister Paroli bieten konnte.

Mirakulöser Lauf bescherte allererste Medaille
Die bronzene Auszeichnung im Einzel war nicht das einzige Stück Edelmetall, das Keusch am Sonntag Abend auf die Heimreise mitnehmen durfte. Zuvor hatte er im Herren Doppel an der Seite von Numa Ulrich (Rapperswil-Jona) sensationell das Final erreicht!
Dabei schien dies am Samstag lange ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Im Viertelfinal wartete nämlich mit Karin und Yoan Rebetez (ZZ-Lancy) ein sehr formidables Doppel, welches nach verlorenem Startsatz zunehmend das Heft in die Hand nahm und in Satz vier den Sieg so gut wie gesichert hatte. Mit dem Rücken zur Wand wehrten Keusch und Ulrich jedoch drei Matchbälle ab und retteten sich mit einem irren 18-16 in den Entscheidungssatz. Hier hatten die Teenager das Momentum klar auf ihrer Seite und nutzten ihre erste Chance zum viel umjubelten Sieg. “Wir waren im vierten Satz gerade bei den Matchbällen mental sehr stark und haben immer schön unsere Taktik gespielt”, resümierte Keusch den grossen Coup.

Am nächsten Morgen wartete im Halbfinal mit der Paarung Taffé/Boccard (Vevey/Meyrin) eine zweite Links/Rechts-Kombination. Das Zürcher Duo wusste aber den samstäglichen Schwung mitzunehmen und souverän in vier Durchgängen das Finale zu erreichen! Gegen Hardmeier/Schärrer, die Schweizermeister von 2022, war dann aber nichts zu machen. “Sie haben uns nie ins Spiel kommen lassen”, hielt Ulrich nach dem Endspiel fest.
“Leider konnten wir im Final nicht an das zuvor Gezeigte anknüpfen. Unsere Aufschläge hatten nicht die gewünschte Wirkung und wir haben nicht so gut harmoniert wie in den Runden zuvor”, so die Analyse von Keusch, “Aber insgesamt bin ich natürlich überglücklich mit meinem Abschneiden in beiden Serien.”

Misslungene Titelverteidigungen
Eher am anderen Ende der Gefühlswelt befanden sich am Sonntag Abend dagegen Keusch’s Teamkollegen. Grosser Pechvogel war dabei insbesondere Barish Moullet: im Herren Doppel war er mit Partner Gaël Vendé (Bulle) beim Stand von 8-5 im Entscheidungssatz des Halbfinals drei Punkte vom Finaleinzug (und YSZ vom garantierten ersten Titelgewinn seit 2006) gewesen, ehe das Spiel den Vorjahressiegern entglitt. Und im Herren Einzel endete die zweite Mission Titelverteidigung sogar im Viertelfinal. Moullet kämpfte sich gegen Yoan Rebetez (ZZ-Lancy) immer wieder grossartig ins Spiel zurück, musste das Neuenburger Derby letztendlich nach zwei verhauenen Matchbällen mit 12-14 im Entscheidungssatz abgeben (auch er scheiterte somit erstmals seit 2019 an jemanden anderen als Hardmeier).
Während für Karin die SM nach den zuvor erwähnten Niederlagen bereits am Samstag zu Ende war, scheiterte Posch in allen Kategorien jeweils in der Runde der letzten acht: im Mixed vergab er mit Rahel Aschwanden gegen Perez/Loiseau (Silver Star), die grossen Überraschungskünstler dieser SM, eine 2:1-Führung, im Herren Doppel mit Denis Bernhard (Rapperswil-Jona) lag gegen Moullet und Vendé nur der Startsatz drin. Eine ausgezeichnete Performance gelang Posch, dessen Leistungen diese Saison als eine der grossartigsten Comeback-Geschichten der letzten Jahre eingehen werden, dagegen im Einzel, besonders beim Sieg über den in der 3. Bundesliga spielenden Mauro Schärrer. Auch im sonntäglichen Viertelfinal gegen Hardmeier wehrte sich Posch bravurös und schaffte es nach verlorenen ersten zwei Sätzen wieder auszugleichen, ehe der spätere Schweizermeister sich als zu stark erwies.



Drei Podestplätze auch bei den Damen
Im Vergleich zu den letzten Jahren, besonders 2024, fiel im Aargau die Ausbeute bei den Damen eher mager aus. Auch hier war die jüngste Spielerin der STTL-Mannschaft die erfolgreichste. Neuzugang Ilvi Ulrich (Stammverein Rapperswil-Jona) erreichte im Mixed und Damen Doppel das Halbfinal und gewann dadurch ebenfalls ihre ersten Medaillen bei der Elite. Auch im Damen Einzel erreichte die erst 13-jährige Ulrich den zweiten Turniertag. Am Sonntag musste die Zürcherin aber der amtierenden Schweizermeisterin Fanny Doutaz (ZZ-Lancy) in allen Kategorien zum Sieg gratulieren.
Für ihre neuen Mitspielerinnen entwickelte sich Ludivine Maurer (Bernex) als regelrechtes Schreckgespenst. Sandra Busin und Elmira Antonyan (Stammverein Wetzikon) mussten wie schon im Vorjahr das Halbfinale im Damen Doppel an Maurer und Nina Tullii (La Chaux-de-Fonds) abgeben, obwohl sie nach wettgemachter 0:2-Hypothek förmlich auf der Siegesstrasse zu sein schienen. Am Samstag Nachmittag waren zuvor auch Jill Wildberger und Ilona Renold (Herrenclub Bremgarten) im Entscheidungssatz an Maurer/Tullii gescheitert. Leider sollte Maurer dieses Verfahren im Damen Einzel dann wiederholen. Nach dem zu hoch ausgefallenen 4-1 im Achtelfinal gegen Antonyan, widerstand die Genferin am nächsten Tag mehrere heroische Aufholjagden Busin’s um ihre erste Medaille im Einzel zu sichern. Neben Busin, konnte leider auch Renold ihre bronzene Auszeichnung von 2024 nicht wiederholen. Die Aargauerin unterlag Akhyata Patra (Neuhausen) in fünf Sätzen.


Ergebnisübersicht
Herren Einzel:
Viertelfinal
Barish Moullet (A20, Young Stars Zürich) 3:4 Yoan Rebetez (A20, ZZ-Lancy): 11:8, 5:11, 7:11, 11:9, 7:11, 11:8, 12:14
Pedro Ryu Osiro Shinohara (A20, Rio-Star Muttenz) 2:4 Loïc Stoll (A20, ZZ-Lancy): 15:13, 13:11, 7:11, 4:11, 9:11, 4:11
Cédric Tschanz (A20, Rio-Star Muttenz) 0:4 Noe Keusch (A20, Young Stars Zürich): 4-11, 6-11, 5-11, 2-11
Lars Posch (A20, Young Stars Zürich) 2:4 Elias Hardmeier (A20, Rio-Star Muttenz): 6:11, 6:11, 11:7, 11:8, 5:11, 5:11
Halbfinal
Rebetez 4-0 Stoll: 11-6, 15-13, 18-16, 11-2
Keusch 1-4 Hardmeier: 11-5, 6-11, 9-11, 9-11, 10-12
Final
Rebetez 2-4 Hardmeier: 11-8, 9-11, 11-5, 8-11, 9-11, 9-11
Damen Einzel:
Viertelfinal
Fanny Doutaz (A20, ZZ-Lancy) 4:1 Ilvi Ulrich (A17, Rapperswil-Jona): 11:7, 11:6, 11:8, 6:11, 11:6
Akhyata Patra (A18, Neuhausen) 4-1 Ilona Renold (A19, Bremgarten): 5-11, 11-9, 11-6, 11-9, 11-6
Ludivine Maurer (A18, Bernex) 4-3 Sandra Busin (A18, Young Stars Zürich): 11-4, 11-8, 10-12, 6-11, 11-6, 9-11, 11-6
Nina Tullii (A17, La Chaux-de-Fonds) 0:4 Rachel Moret (A20, Forward-Morges): 7:11, 8:11, 4:11, 9:11
Halbfinal
Doutaz 4-1 Patra: 11-4, 9-11, 11-5, 11-5, 11-4
Maurer 0-4 Moret: 7-11, 8-11, 5-11, 5-11
Final
Doutaz 0-4 Moret: 12-14, 7-11, 7-11, 5-11
Damen Doppel:
Halbfinal
Doutaz/Moret 3-1 Patra/Ilvi Ulrich: 9-11, 11-6, 11-4, 11-2
Maurer/Tullii 3-2 Elmira Antonyan (A19, Wetzikon)/Busin: 12-10, 11-8, 8-11, 8-11, 11-8
Final
Doutaz/Moret 3-0 Maurer/Tullii: 11-8, 11-4, 11-7
Mixed Doppel:
Halbfinal
Doutaz/Rebetez 3:0 Ilvi Ulrich/Numa Ulrich (A19, Rapperswil-Jona): 11:6, 11:5, 13:11
Candela Perez (B14, Silver Star)/Alain Loiseau (A18, Silver Star) 0-3 Moret/Nicolas Champod (A20, Bernex): 6-11, 6-11, 6-11
Final
Doutaz/Rebetez 1-3 Moret/Champod: 11-9, 5-11, 13-15, 7-11
Herren Doppel:
Halbfinal
Gaël Vendé (A19, Bulle)/Moullet 2:3 Mauro Schärrer (A20, T-Card)/Hardmeier: 11:4, 8:11, 8:11, 12-10, 8-11
Sam Boccard (A20, Meyrin)/Yanick Taffé (A20, Vevey) 1-3 Keusch/Numa Ulrich: 9-11, 11-3, 7-11, 5-11
Final
Schärrer/Hardmeier 3-0 Keusch/Numa Ulrich: 11-8, 11-8, 11-9